Gerade beim Thema Religion begegnet man immer wieder Halbwissen. Das wäre an und für sich nicht wirklich schlimm. Bei vielen Dingen ist man sich bewusst, dass es sich nur um Halbwissen handelt. Beim Thema Religion, vor allem katholische Religion, fällt es mir aber oft auf, dass die Menschen zu 100% überzeugt sind, sie wüssten wovon sie sprechen, ohne dass das wirklich der Fall wäre. Einer dieser Fälle betrifft den Heiligen Rock, ein Reliquiar (keine Reliquie sondern Träger einer Reliquie, ja das ist ein Unterschied) der vor 500 Jahren zum ersten Mal öffentlich gezeigt wurde und zur Zeit wieder im Trierer Dom gezeigt wird.
Viele die sich mit der Thematik nicht näher auseinandersetzen, sind der festen Überzeugung, die katholische Kirche würde behaupten, beim Heiligen Rock handele es sich tatsächlich um die Tunika Christi, die er bei seiner Verurteilung getragen hat, und von der in der Bibel die Rede ist. Zu diesem Halbwissen gesellt sich dazu, dass man das ja schon lange widerlegt hat und die Kirche dennoch auf ihrem Standpunkt beharrt und die Gläubigen an der Nase herumführt.
Ein Mindestmaß an Recherche würde jedoch zu Tage fördern, dass dem mitnichten so ist. Zur Heilig-Rock-Wallfahrt gibt es eine sehr gut gemachte Webseite, auf der man sehr viel Wissenswertes nicht nur zur Wallfahrt, sondern auch zum Heiligen Rock erfährt. Und dort kann man lesen:
Ist der Heilige Rock wirklich das Gewand Jesu?
Der in Trier aufbewahrte Heilige Rock ist in seiner derzeitigen Form nicht das Gewand, das Jesus als Kleidungsstück (Leibrock) vor fast 2000 Jahren getragen hat. Textilarchäologische Untersuchungen haben bestätigt, dass der Trierer Heilige Rock in seinem Rückenteil eine Tuchreliquie enthält, die dessen ältesten Teil bildet. Dieses wollene Gewebe ist schon sehr alt (nicht genau datierbar) und könnte von einer sog. „tunica inconsutilis (Gewand ohne Naht) stammen. Mit Sorgfalt wurde dieses wollene Kerngewebe tradiert, in schützenden Stoffhüllen aufbewahrt und im 16. Jahrhundert in die Gewandform einer Tunika eingearbeitet. Diese ist vermutlich infolge der ersten öffentlichen Ausstellung (1512) angefertigt worden, bei der die Gläubigen darauf drängten, den Heiligen Rock ausgebreitet zu sehen. Bei der Anfertigung dieser Tunika blieb man der Vorstellungswelt des 16. Jahrhunderts verhaftet. Daher gleicht das Erscheinungsbild des Heiligen Rockes nicht einem typischen Kleidungsstück, wie es zu Lebzeiten Jesu getragen wurde. Es entspricht dem Stil eines liturgischen Gewandes aus dem 16. Jahrhundert. Weitere Stoffschichten sind bei Ausbesserungen hinzugekommen.
Bei der Wallfahrt zum heiligen Rock geht es um mehr als um die Anbetung einer (angeblich falschen) Reliquie. Dazu das Bistum:
„Für Christinnen und Christen steht nicht die Reliquie, nicht das Gewand im Mittelpunkt. Für gläubige Menschen verweist der Heilige Rock auf den, der ihn getragen hat: Jesus Christus, das Licht der Welt und den Erlöser aller Menschen.“
Die Erfahrung während der Wallfahrt, die Gemeinschaft mit anderen Pilgern, die Verbindung zu pilgernden Menschen weltweit und über die Jahrhunderte hinweg, hat das Potential gläubige Menschen im tiefsten Innern zu berühren und über das Sinnbild der Tunika Christi eine anfassbare Verbindung zu schaffen.
Vor diesem Hintergrund ist es auch verständlich, dass sich die evangelische Kirche mit eigenen Aktionen an der Heilig-Rock-Wallfahrt beteiligt. Dazu die Oberkirchenrätin Barbara Rudolph:
„Die Teilnahme an der Wallfahrt in Trier hat ihren Grund in der besonderen Weise, mit der das Bistum Trier die Wallfahrt auf Jesus Christus konzentriert und sich in die ökumenische Gemeinschaft mit den anderen Kirchen stellt.“
Und so vollzieht sich täglich auf die verschiedensten Weisen das Motto der Wallfahrt: Und führe zusammen was getrennt ist.
Ich werde mich auch in den nächsten Tagen zum ersten Mal auf den Weg machen und bin sehr gespannt was ich dabei erleben werde.
Wenn euch das Thema Heiliger Rock interessiert, lest doch bitte unbedingt auf dieser Seite weiter: Heilig-Rock-Wallfahrt.
Wenn du es mal erlebt hast, wie sich Heiliger Geist förmlich ergießt auf die Pilger. Wie sich fremde Menschen in den Armen liegen und in diesem Moment wirklich Brüder und Schwestern sind. Wenn du dieses Gefühl Dein Leben lang nicht vergessen willst und Du dir wünscht, dass die Menschen immer so nah bei Gott sein könnten. Dann wird es fast unwichtig – ob – oder ob nicht oder nur zum Teil echt – denn dann ist Christus einfach so unglaublich spürbar nah.
Liebe Gaby, danke dass du deine Eindrücke mit uns teilst. Deine Worte schaffen es sehr beeindruckend das Gefühl auszudrücken, dass du und bestimmt viele andere mit dir haben und vielleicht erreicht ein so authentisches Statement wie deines, ja auch das Herz der Menschen, die die Wallfahrt so furchtbar kritisch sehen.
Pilgern ist immer ein besonderes Glaubenserlebnis. Ich war schon auf verschiedenen Pilgerwegen unterwegs. Sicher ist das Ankommen auch eine eindrucksvolle und fast unbeschreiblich froh machende Angelegenheit, zumal wenn man mit knapp einer halben Millionen Menschen in Tschenstochau ankommt oder mit tausenden Pilgern die Kathedrale in Santiago de Compostella betritt, aber auch auf vielen kleinen Pilgerwegen habe ich gemerkt, es ist mehr der Weg, der mich fasziniert und die Begegnungen mit den Menschen, die unterschiedlichen Glaubenszeugnisse und die vielen Suchenden. Leider fehlt mir in den letzten Jahren die Zeit, um mich wieder auf den Weg zu machen. Deine Beschreibung der Heilig-Rock-Wallfahrt reizt mich jedoch sehr, mich mal wieder gen Westen aufzumachen.